Archäologische Zone und Jüdisches Museum Köln
Wettbewerb 2008, 3. Preis
Städtebau:
Der Neubau fügt sich mit einer prägnanten Figur in die städtische Textur ein: Mikwe und Synagoge werden als eigenständige Baukörper im Stadtraum erlebbar. Sie wachsen aus einem Sockelgeschoss heraus, unter dem sich die Grabungsflächen der archäologischen Zone befinden.

Das Jüdische Museum entwickelt sich als massiver Baukörper über dem Sockelgeschoss und legt sich um Mikwe und Synagoge. Der Neubau vervollständigt die städtische Textur und stellt klare Straßenfluchten und die Kontur des historischen Rathausplatzes wieder her.

Es entstehen zudem zwei neue stadträumliche Angebote: ein großzügiger Vorplatz mit Freitreppe, der das Entrée des Jüdischen Museums nach Süden zum Wallraff-Richards Museum hin formuliert und ein kleinmaßstäblicher, intimerer Hof an der Mikwe und der Synagoge, der sich zum Rathausplatz öffnet.

Dieser Hof stellt zusammen mit dem transparenten Foyer des jüdischen Museums einen stadträumlichen Blickbezug zwischen Rathausplatz und Museumsvorplatz her. Durch den Hof erhält das Jüdische Museum zudem einen zweiten Zugang am Rathausplatz.

Die Dachlandschaft des Jüdischen Museums wird durch die Oberlichter der Ausstellungsräume und die Oberkanten von Mikwe und Synagoge kleinteilig gegliedert. Durch die städtebauliche Höhenentwickelung werden Mikwe und Synagoge akzentuiert.


Jüdisches Museum:
Das Foyer wirkt als durchlässiger, transitorischer Raum. Es sind Ausblicke in Richtung Rathausplatz, Mikwe, Synagoge und Wallraf Richartz Museum möglich.
Am Foyer liegt auch der Vortragssaal. Eine einläufige Treppe führt an der Mikwenwand entlang zur Ausstellung im Obergeschoss oder alternativ zum Untergeschoss der Mikwe.

Der Rundgang durch die Ausstellung führt vorbei an Mikwe und Synagoge und bietet Oberlicht- und Kunstlichtbereiche. Ausblicke auf Rathauslaube, Rathausturm und Kölner Dom werden gezielt eröffnet. Querverbindungen im Rundgang sind durch Öffnungen in einer mittig angeordneten Servicezone möglich.

Der Wechselausstellungsbereich ist als flexibler, hallenartiger Raum konzipiert. Die Bibliothek liegt im 1.OG im zentralen Erschliessungsbereich mit Blick auf den Museumsvorplatz nach Süden.

Die Verwaltung wird über das Foyer erschlossen und ist nach Westen hin orientiert.
Der Verwaltung ist ein Sitzbereich des Foyers vorgelagert, in dem eine kleine Museumsbar angeordnet ist. Hier steht auch eine großzügige Terrassenfläche auf dem Vorplatz zur Verfügung. Die Depot- und Haustechnikflächen liegen an der Portalsgasse, über die auch die Anlieferung des Museums erfolgt.


Flexibilität hinsichtlich weiterer Grabungsergebnisse:
Bei der Anordnung von Depot und Haustechnik im EG kann auf spätere Grabungsergebnisse Rücksicht genommen werden, da eine Anpassung der Höhenlagen und des Grundrisszuschnitts relativ unproblematisch erscheint. Optional wäre auch eine Anhebung des Bürogeschosses um etwa 2,00 Meter auf +55.00 Bodenniveau möglich, um auch höhergelegenere Bodendenkmäler zugänglich zu machen.

Archäologische Zone:
Die archäologische Zone wird vom Alten Markt aus betreten. Von den Ausstellungsbereichen im alten Rathaus führt der Weg in den Bereich des ergrabenen Prätoriums unter dem Rathausplatz. Hier wird das vorhandene Tonnengewölbe fortgesetzt und in neue Gewölbeformen mit veränderlichen Querschnitten transformiert, deren Geometrie auf die Befundlage und die komplexen Raumzuschnitte reagieren kann.

Stege und Ausstellungssyteme sind zurückhaltend gestaltet. Interaktiven Flachbildschirmpräsentationen wird im Bereich des Rundgangs der Vorrang vor sperrigeren Schautafeln und Vitrinen gegeben, um möglichst großzügige Blicke über die Grabungsfelder zu eröffnen und den Raumzusammenhang nicht weiter zu verstellen.

Mikwe und Synagoge:
Mikwe und Synagoge bilden das Herz des städtbaulichen Ensembles und sind Bindeglied von Jüdischem Museum und Archäologischer Zone. Hier werden die historischen Befunde auch als räumliche Volumen inszeniert. Durch die kleinen, fragmentarisch angeordneten dreieckigen Öffnungen in der Raumhülle fällt gedämpftes, indirektes Tageslicht ein und erzeugt eine feierliche Lichtstimmung.

Mikwe und Synagoge können über zwei alternative, flexibel kombinierbare Rundgänge erschlossen werden: einen Museumsrundgang, der an der Foyertreppe beginnt und neben der Mikwe im Foyer endet, und einen archäologischen Rundgang, der an der nordöstlichen Ecke des Grabungsfeld an den römischen Bereich angebunden ist, und im Bereich der Mikwe dann fortgesetzt wird. Sackgassensituationen in Rundgängen werden so in jedem Fall vermieden.


Material und Tragwerk:
Die Materialisierung des Entwurfs wird bestimmt durch weitgespannte Massivbaukonstruktionen, deren Lasten nur an wenigen Stellen und sehr punktuell in den Baugrund eingeleitet werden. Dies führt zu höheren Deckenaufbauten mit massiven Unterzügen, bzw. Betonrippendecken, die zur Integration der Haus- und Lichttechnik genutzt werden können.

Die massiven Ausswände des Jüdischen Museums, der Synagoge, der Mikwe und des Sockels sind als tragende Betonscheiben konzipiert, die auf punktförmigen Einzelfundamenten ruhen, die aufgrund der Überzughöhe relativ flexibel angeordnet werden können.

Die Fassaden des Jüdischen Museums, des Sockels, der Mikwe und der Synagoge sind in Werkstein mit geschlossenen Fugen konzipiert und unterstreichen die Plastizität des Baukörpers. Die Lochfenster und die großzügige Foyerverglasung sitzen bündig in der Aussenwand.
In den Oberlichtbereichen des Museums fällt indirektes Licht durch schmale, hohe Lamellen.


Haustechnik:
Für die Lokalisierung der Haustechnik des Jüdischen Museums, der Synagoge und der Mikwe wird ein flexibles Konzept vorgeschlagen, dass zentrale Haustechnikflächen im Erdgeschoss kombiniert mit Servicezonen im 1. OG und hohen Zwischendeckenbereichen. Die Oberlichter des Museums erlauben zudem eine vollständige bauliche Integration von haustechnischen Dachaufbauten ohne jede Beeinträchtigung der Dachlandschaft. Damit besteht weitgehende Flexibiltät für Umlegung von Haustechnikflächen infolge von Grabungsergebnissen.


Bauabschnittsbildung
Mikwe und Synagoge bilden eine eigenständiges, klar definiertes Bauvolumen und Erschliessungssystem, das in einem ersten Bauabschnitt zusammen mit allen Maßnahmen der archäologischen Zone errichtet wird. Vor dem Bau des Jüdischen Museums entsteht so ein eigenständiges, skulpturales Ensemble auf dem Platz, dass auch architektonisch und städtebaulich in sich funktioniert.

Gedacht ist daran, dass die Treppen und Aufzüge, Stege etc. dieses ersten Bauabschnitts in jedem Fall langfristig genutzt werden. Bei der Hüllfläche der Schutzbauten bestehen zwei Möglichkeiten: entweder die vorgezogene Errichtung einer temporären, kostengünstigen Hülle gleicher Geometrie , z. B. als leichte Holztafelbauweise oder - bei weitgehenderer Planungssicherheit - eine Erstellung der endgültigen, massiven Fassaden bereits im ersten Bauabschnitt. Welche dieser Ausführungsvarianten sinnvoller ist, hängt wesentlich von der Terminierung des zweiten Bauabschnitts und den Randbedingungen der weiteren Grabungen ab.






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